Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
3,5
gut
Weird: Die Al Yankovic Story
Mit Akkordeon gegen den Drogenbaron
Von Oliver Kube
Der 1959 geborene Alfred Matthew Yankovic avancierte in den 1980ern als Weird Al mit Parodien bekannter Pop- und Rocksongs zum Star. Einige der größten Hits des bis heute aktiven und erstaunlich erfolgreichen Kaliforniers sind „Smells Like Nirvana“ (nach Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“), „Amish Paradise“ (nach Coolios „Gangsta’s Paradise“) oder „Like A Surgeon“, basierend auf Madonnas „Like A Virgin“. Die Yankovic-Interpretationen sind einfach herrlich bescheuert – einmal gehört, schleicht sich beim Auflegen der Originale fast zwangsläufig der absurde Nonsens-Text der Parodie in den Kopf. Weshalb auch nicht alle parodierten Künstler*innen unbedingt happy darüber waren, wenn ein Song auf diese Art verwurstet wurde. Aber spätestens, als die Schecks mit den Lizenzzahlungen eintrafen, war der Ärger wohl meist schnell verraucht.
Für jemanden, der seine ganze Karriere darauf aufgebaut hat, sich schamlos an den Erfolg anderer anzuhängen, ist es natürlich nur logisch, dass er nach dem Erfolg solcher musikalischer Leinwand-Biographien wie „Bohemian Rhapsody“ oder „Rocketman“ nun auch noch seinen eigenen Beitrag zur anhaltenden Biopic-Welle beisteuert. Der von „Brooklyn Nine-Nine“-RegisseurEric Appel inszenierte „Weird: The Al Yankovic Story“ versucht aber natürlich gar nicht erst, die erfolgreichen Vorbilder nachzumachen. Stattdessen zieht das vom Regisseur gemeinsam mit Yankovic verfasste Skript die typischen Abläufe und Mechanismen des (zugegeben ziemlich ausgelutschten) Genres auf amüsante und oft auch ziemlich clevere Weise durch den Kakao.
Daniel Radcliffe hat als Weird Al eine Mega-Laune – und die springt durchaus auch auf das Publikum über!
Schon als Kind liest Alfred Yankovic (Daniel Radcliffe) das „Mad“-Magazin und bewundert den exzentrischen Radio-Moderator Dr. Demento (Rainn Wilson). Dessen Vorliebe für humorvoll-schräge Musik inspiriert den Jungen, sich selbst als Parodist an Coverversionen bekannter Pop-Nummern zu versuchen. Sein Vater (Toby Huss) will davon aber nichts wissen und plant für seinen Sohn eine Karriere als Fabrikarbeiter. Weshalb dieser sich von seiner Mutter (Julianne Nicholson) heimlich ein Akkordeon kaufen lässt und einige Jahre später schließlich nach Los Angeles durchbrennt, um seinen Traum zu verwirklichen.
Über Umwege gelingt ihm dort tatsächlich der Durchbruch. Al wird berühmt und plötzlich schmeißt sich sogar Superstar Madonna (Evan Rachel Wood) an ihn heran. Obwohl seine Freunde ihn warnen, dass sie bloß ihn und seinen Ruhm ausnutzen wolle, geht er eine Liebesbeziehung mit ihr ein. Eines Tages wird die Sängerin von Pablo Escobars (Arturo Castro) Schergen entführt. Wie sich herausstellt, ist der kolumbianische Drogenbaron ein riesiger Yankovic-Fan und will ihn auf diese Weise zwingen, bei seiner Geburtstagsparty aufzutreten. Al tut so, als würde er auf die Forderung eingehen, verfolgt in Wahrheit aber einen ganz anderen Plan…
Auch die Stars haben mächtig Spaß!
Zumindest zu Beginn des Films gelingt es Yankovic und Appel tatsächlich, für ein paar Minuten mehr oder weniger ernst zu bleiben. Dafür zündet der erste Gag dann gleich richtig: In der hier geschilderten Parallelrealität gilt während der Nixon-Ära nämlich nicht die Rockmusik, sondern Polka als Teufelswerk. „Weird: The Al Yankovic Story“ hält sich dabei – zumindest oberflächlich – an die klassische Abfolge solcher Künstler*innenporträts. Wir sehen die bescheidenen Anfänge des jungen Al, die Konflikte mit seinem Vater und wie er dennoch schon in frühen Jahren an seiner „künstlerischen Vision“ festhält. Bald darauf lernen wir den erwachsenen Al kennen – und „Harry Potter“-Star Daniel Radcliffe ist mit Pudelfrisur und Schnauzbart kaum wiederzuerkennen, während er offensichtlich einen Heidenspaß an seiner überdrehten Rolle hat.
Wie seine Songtexte von alltäglichen Situationen inspiriert sind, erfahren wir anhand einer witzig choreografierten Szene mit seinen später zur Begleitband werdenden WG-Mitbewohnern. Im weiteren Handlungsverlauf erleben wir erste Versuche als Live-Performer, den Kampf um Anerkennung und einen Plattenvertrag sowie endlich erste Erfolge. Dann folgt der große Durchbruch und Aufstieg, der unvermeidliche Niedergang aufgrund von Alkohol- und Drogenmissbrauch (inklusive eines köstlichen Jim-Morrison-Moments), die Läuterung und natürlich ein triumphales Comeback – alles so wie in den eingangs erwähnten Vorbildern, nur eben um einiges absurder und abgefahrener.
Al Yankovic wird von Madonna (Evan Rachel Wood) ausgenutzt – war im wahren Leben bestimmt auch genauso ;-)
Auch wenn die eine oder andere dieser Vignetten etwas Straffung vertragen könnte, bleibt der Film dabei immer unterhaltsam, was auch einigen krass-überzogenen, im „Rambo“-Stil präsentierten Actioneinlagen zu verdanken ist. Die sich mit großem Enthusiasmus in ihre Rollen werfenden Daniel Radcliffe und „Westworld“-Star Evan Rachel Wood als zynisch berechnende Madonna helfen gleichermaßen mit. Aufgelockert wird das Ganze zudem durch eine lange Reihe lustiger Cameos von u. a. Jack Black, Thomas Lennon, Will Forte, Conan O‘Brien oder Patton Oswalt.
Die Ideen sind immer wieder überraschend und erfrischend abseitig. So beantwortet der Film etwa die Frage, die wir uns alle nie gestellt haben: „Welcher Megahit war von welchem geklaut: Yankovics ‚Eat It‘ von Michael Jacksons ‚Beat It‘ oder doch umgekehrt?“ Der Film verkauft seine Sicht der Wahrheit mit wahnsinnig viel Verve. Die „Eat It“-Einlage ist natürlich nicht der einzige Moment mit „alternativen Fakten“ in „Weird: The Al Yankovic Story“. Eigentlich ist so gut wie alles komplett frei erfunden oder höchstens ganz vage von den realen Ereignissen inspiriert. Obwohl der Storyfluss im zweiten Teil auch aufgrund der immer verrückter werdenden Entwicklungen etwas auszufransen droht, macht das Ganze dennoch bis zum Abspann Spaß. Letzterer ist natürlich mit den für ein Biopic beinahe obligatorischen Fotos aus dem „realen Leben“ versehen. Und den einen oder anderen Ohrwurm setzt der Film dem Publikum für die nächsten Tage auch noch ins Hirn.
Fazit: Der Pop-Parodist Weird Al verblödelt nun also auch Musiker-Biopics – und das auf beinahe ebenso effiziente und amüsante Weise wie bei seinen Songs. Als Fan des Sujets kann und dürfte man hier ebenso viel Spaß haben, wie ihn „Harry Potter“-Star Daniel Radcliffe offensichtlich beim Dreh hatte.
Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
- Die neuesten FILMSTARTS-Kritiken
- Die besten Filme
Das könnte dich auch interessieren